"nimmerzulöschendes?"
frei nach Max Frischs "Biedermann und die Brandstifter"
präsentiert vom Grundkurs Dramatisches Gestalten am 14. und
15. März 2002
Worum geht es in diesem Stück? Es ist ein Lehrstück,
in dem sich der bornierte Haarwasserfabrikant Gottlieb Biedermann
als kleinkarierter Spießer par excellence zeigt. Ihn interessiert
nur, was in seinen eigenen vier Wänden vorgeht. Solange Biedermann
von den Brandstiftern verschont wird, solange er sie beschwichtigen
zu können glaubt, sind ihm deren verbrecherischen Handlungen
egal. Was wundert es, wenn ihm schließlich - wie so vielen
- das Dach über dem Kopf auch anzündet wird. Max Frisch
hat sein Drama mit dem Untertitel "Ein Lehrstück ohne
Lehre" versehen und damit einer vorschnellen politischen und
damit nur historischen Interpretation, die in der Biedermann-Fabel
eine Satire auf das Versagen des Bürgertums gegenüber
Faschismus und Kommunismus sehen will, einen Riegel vorgeschoben.
Das Stück weist eine immerwährende Aktualität auf,
weil es auf viele Situationen übertragbar ist, in denen ein
vermeintlich "Unpolitischer" aus Feigheit und Opportunismus
eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung für sich ablehnt
und im Rahmen einer bloßen Zuschauerdemokratie das erleiden
muss, was andere für ihn abstreiten. Die alten Griechen haben
für einen solchen Menschen den Begriff "Idiot" geprägt,
unter dem die demokratischen Athener einen Privatmann, einen Eigensinnigen
verstanden haben, der sich seiner politischen Mitwirkung entzieht.
Diesen überzeitlichen Charakter des Einakters von Frisch hat
die Aufführung des Grundkurses Dramatisches Gestalten sehr
überzeugend zu Geltung gebracht und damit wohltuend plakative
Ein- und Aufdringlichkeit vermieden.
Die Inszenierung war aber nicht nur ein intellektuelles Vergnügen,
sie war auch ein Vergnügen für die Sinne. Die Schauspieler
agierten perfekt, sie verkörperten ihre Rolle, beherrschten
ihren Text, hatten sichtbar Freude am Spiel.
Schauspieler:
Fabian Freygang: Herrn Biedermann
Lucia Metz: Frau Biedermann
Anne Amon: Anna, Dienstmädchen
Matthias Orlowski: Schmitz, ein Ringer
Jan Thierolf: Eiseming, ein Kellner
Daniela Heller: Polizistin, Witwe Knechtling
Stefan Schwaneck: Ein Dr. phil.
Sebastian Kirsch: Chorführer
Maike Beyer: Chor
Jessica Dengel: Chor
Beeindruckend war auch die mühelose Beherrschung
der Bühnensprache, die ein akustisches Erlebnis war. Man hatte
nicht den Eindruck, dass hier eine Veranstaltung eines Grundkurses
stattfand, hier wurde eine professionelle Schauspielerleistung geboten.
Professionell war auch die optische Qualität
der Aufführung, ob das nun Beleuchtung, Bühnenbild, Requisite,
Maske usw. betrifft. Man glaubte sich in ein wirkliches Theater
versetzt. Dazu trugen viele auch hinter den Kulissen bei:
Mitwirkende:
Florian Amberg: Technik, Werbung, Internet
Michael Jonas: Technik, Werbung, Internet
Michael Metzger: Texte, Rede
Tim Röppnack: Technik, Werbung, Bühne
Stefan Schwaneck: Logistik, Termine
Sonja Weltner: Regieassistenz, Maske, Requisiten, Souffleuse
Stefan Ziller: Bühnenbild, Souffleur
Es war ein gelungener Theaterabend. Er hat sehr gefallen,
wie der anhaltende Applaus bewies. Unser aller Dank gilt den Akteuren
auf und hinter der Bühne sowie Frau OStRin Christine Martin,
welche die Leitung bei dieser gelungenen Inszenierung hatte.
OStR Hermann Rapps
Quelle: Jahresbericht des RGW, Schuljahr 2001 - 2002